Was ist eigentlich Scrum und welchen Unternehmen hilft diese agile Methode?

Digitalisierung Vertrieb

Scrum ist in aller Munde. Aus der Software Entwicklung stammend, hält Scrum mittlerweile auch Einzug in der Industrie.

Ein Gastbeitrag von Kathrin Wortmann

Scrum Blog werning.com

Egal ob KMU oder Mittelstand, bereits viele Unternehmen haben Scrum „auf dem Zettel“ und möchten diese Methode kennenlernen. Aber was genau ist Scrum eigentlich? Und für wen bietet sich Scrum an? Wo sind die Grenzen und wo macht Scrum Sinn? Diesen Fragen geht dieser Artikel auf den Grund. Ich selbst habe Scrum in kleinen Projekten in meinem eCommerce Unternehmen angewendet und unterstütze heute Unternehmen mit Einsteigerworkshops Scrum kennen zu lernen und zu bewerten. Denn: Scrum ist keine Zauberpille, die jede Herausforderung löst.

Wie sich Scrum zusammensetzt

Scrum setzt sich zusammen aus bestimmten Rollen, also Positionen, aus wichtigen Dokumenten, den sogenannten Artefakten und aus Ereignissen, die mit Meetings verglichen werden können. Um den Umfang dieses Blogbeitrages nicht zu sprengen, befasst sich dieser Artikel zunächst mit den Ereignissen. Denn diese sind, auch ohne den Rest von Scrum, sicherlich eine Bereicherung für viele Unternehmen und wirklich einen Gedanken wert. Durch sie wird die Kommunikation und die Informationsweitergabe stark positiv beeinflusst. Aber von vorne:

Was ist Scrum eigentlich?

Scrum ist eine Art moderne Projektmanagement Methode, die gut mit Veränderungen umgehen kann. Vereinfacht gesprochen, ist Scrum eine agile, also bewegliche und anpassungsfähige Methode, die sich veränderten Rahmenbedingungen und neuen Einflüssen von außen flexibel anpasst. Wenn der Kunde oft die Meinung ändert, gesetzliche Vorgaben den Projektverlauf beeinflussen, Materialpreisschwankungen uns das Leben schwer machen, es viele Möglichkeiten gibt das Problem zu lösen und ich mit dem, was das Projekt von mir abverlangt, noch keine Erfahrung habe: genau dann ist Scrum sicherlich ein Tool, das helfen kann, mit der Dynamik umzugehen.

Mit eben dieser Methode können Teams in kurzen zeitlichen Einheiten lernen, Erfahrung sammeln und der Lösung des großen, komplexen Problems Schritt für Schritt näherkommen. Es geht darum, aus der Situation heraus, in Echtzeit zu lernen und zu planen und nicht im Vorfeld unendlich viel Zeit in Planung, Lasten- und Pflichtenhefte zu stecken und dann kommt eh alles anders…

Bei Scrum wird natürlich auch geplant aber eben nur dann, wenn die Planung notwendig ist und nicht pauschal. Und vor allem: nicht alle Details bereits im Vorfeld. Die Planung im Rahmen von Scrum würde ich als eine Art „Just in Time Planung“ bezeichnen. Was weit weg ist, plant man ganz grob, damit wir es „auf dem Zettel haben“. Je näher die Dinge rücken, desto stärker geht es in die Feinplanung.

Wo kommt Scrum plötzlich her?

Scrum ist gar nicht so super neu wie viele vielleicht denken. Seit den frühen 90ern erscheint Scrum mehr und mehr auf dem Spielfeld. Damals wurde Scrum in der Softwarebranche entwickelt, da die Software Teams mit den altbekannten Methoden, in Ihrer schnelllebigen Software-Welt, einfach nicht mehr zurechtkamen. Sie haben für sich erkannt, dass sich bei der Software Entwicklung ständig wieder etwas verändert, Software in kleinen Happen entwickelt werden muss und dass dieses Vorgehen eine neue Antwort braucht. Eine neue Antwort, um die sich schnell ändernden Projekte besser handeln zu können.

Scrum ist ein Rahmenwerk. Eine Methode mit wenig Regeln.

Die Scrum Profis betiteln Scrum nicht als Methode, sondern als Rahmenwerk. Warum? Weil Scrum so kurz und knackig beschrieben wird und es nur wenige Spielregeln vorgibt, so dass nicht wirklich von einer Methode gesprochen werden kann, sondern lediglich davon, dass Scrum einen Rahmen zum Arbeiten vorgibt. Daher „Rahmenwerk“. Der Scrum Guide, also die Spielregeln für Scrum, stehen kostenlos als Download pdf im Internet bereit und umfasst nur wenige Seiten. Da es nur wenige Regeln gibt, liest Scrum sich super einfach und auch ich dachte mir: „Super, kann ja nicht schwierig sein, gleich mal loslegen.“ Aber: Der Teufel steckt im Detail! Dadurch, dass Scrum auf viele unserer Fragen keine Antwort gibt, muss an vielen Stellen der eigene Weg gefunden werden. Ein Weg, der zum jeweiligen Unternehmen passt. Wir Menschen sind jedoch noch sehr stark darauf konzentriert, dass es eine Vorgabe geben muss oder zumindest eine Regel. Auch ich hörte bei meiner Zertifizierung zum Scrum Master und Scrum Product Owner immer wieder die Aussage des Trainers: „Dazu macht Scrum keine Vorgaben.“ Fies!

Wie läuft Scrum ab?

Scrum läuft in vielen kurzen Schleifen ab, die immer wieder identisch aufgebaut sind. So stellt sich mit jeder Schleife, den sogenannten Sprints, die max. 4 Wochen dauern, immer wieder ein neuer Lerneffekt ein. Wir lernen dadurch schnell, in vielen kurzen Zyklen, hinzu. Das Erlernte wenden wir dann im nächsten Sprint direkt wieder an und werden so schnell besser, effizienter und die Erfolgserlebnisse steigen.

Wie ist ein Sprint aufgebaut?

Scrum hat vier feste Ereignisse, die wir mit Meetings gleichsetzen können. Diese Meetings sind sehr konkret und zeitlich genau vorgegeben. Alle Ereignisse zusammengefasst, nennen wir Sprint. Der Sprint kann zwischen ein bis vier Wochen dauern. Zum Projektstart einmal festgelegt, wird die ausgewählte Wochenzahl nicht mehr geändert. Wenn wir uns zum Beispiel für zwei Wochen Sprints entschieden haben, hat jeder Sprint bis zum Ende des Projektes diese Dauer. Was das bringt? Wir bekommen als Team schnell ein Gefühl dafür, was wir innerhalb von zwei Wochen schaffen. Die Planung wird so nach wenigen Sprints sehr genau. Wir durchlaufen eine schnelle Lernkurve, was das Thema Quantität der Aufgaben angeht.

Sprint Planning. Ein konkreter Handlungsplan entsteht.

Der Aufbau eines Sprints ist immer gleich. Ein Sprint wird, im sogenannten „Sprint Planning“ geplant. Hier definiert das Team, was am Ende des Sprints als Ziel, Ergebnis oder als eine Art Teilprodukt oder Teillösung vorliegen soll. Mehr noch, es wird konkret geplant, welche einzelnen Aufgaben und Tätigkeiten in den nächsten ein bis vier Wochen erledigt werden müssen, um am Ende das Ziel auch wirklich zu erreichen. Bedeutet also: das Meeting „Sprint Planning“ ist ziemlich konkret und ergiebig. Am Ende steht der konkrete Handlungsplan für den kommenden Sprint, um die Worte aus dem klassischen Produkt- oder Projektmanagement zu verwenden. Bei einem Sprint von vier Wochen ist das Sprint Planning mit 8 Stunden, laut Scrum Guide (Spielregeln) definiert. Ist der Sprint kürzer als vier Wochen wird die Zeit für das Sprint Planning entsprechend gekürzt.

Scrum Daily. Durch täglichen Austausch können kleine Probleme nicht groß werden.

Nachdem im Sprint Planning alles geplant und definiert wurde, gibt es in den Wochen des Sprints eine engmaschige, aber kurze tägliche Abstimmung des Teams, das sogenannte „Daily“. Auch keine neue Erfindung, aber super ergiebig, ich habe es selbst angewendet. Besprechung max. 15 Minuten im Stehen. Kurz und knackig bespricht das Team die folgenden 3 Fragen, bei denen jede*r zu Wort kommt. In 2-3 Minuten muss jedes Teammitglied die eigene Tagesplanung auf den Punkt bringen. Funktioniert nach wenigen Tagen bereits super und das Wissenslevel im gesamten Team steigt an!

  • Was habe ich gestern erledigt?
  • Woran arbeite ich heute?
  • Benötige ich Unterstützung? Wenn ja, von wem?

Durch dieses tägliche, kurze Format wird der Arbeitsfluss sichergestellt. Niemand muss auf irgendwen warten, kaum etwas wird vergessen. Falls es Probleme gibt, kann man diese direkt klären, sich gegenseitig unterstützen und ggf. hat jemand einen Lösungsansatz für genau das Problem, mit dem ich mich gerade auseinandersetze.

Das Daily, auch rausgelöst aus Scrum, hat aus meiner Sicht zwei super Vorteile:

  • Menschen lernen (wieder) auf den Punkt zu kommunizieren und sich gegenseitig zu helfen
  • Kleine Probleme können nicht groß werden

Review. Der regelmäßige Austausch mit Kunden, Investoren und Co.

Nachdem der Sprint beendet ist, wird das fertige Ergebnis, das Teilprodukt vorgestellt. Wem? Den „Stakeholdern“, also jenen, die das Projekt beauftragt haben oder aus anderen Gründen Interesse am Ergebnis haben. Wer das sein kann? Neben dem Kunden, zum Beispiel der Chef oder Investoren. So bleibt der Kontakt zu den Stakeholdern engmaschig und auch hier gilt: Kleine Probleme oder Unstimmigkeiten können nicht ausufern. Spätestens nach vier Wochen, sprechen alle miteinander.

Jetzt sind alle immer im Bilde, können Feedback abgeben und der Kurs kann überprüft, angepasst oder noch einmal neu definiert werden. Und noch schöner: Niemand kann sagen: „Davon habe ich nichts gewusst!“ und „Mich hat ja niemand gefragt!“. Ein weiterer Punkt in Scrum, der mir in der Praxis sehr entgegen kommt und Ärger vermeidet.

Retro. Kunden und Chefs sind weg, nun stimmt sich das Team ab!

Nachdem die Externen (Chefs, Kunden, Investoren, …) das Meeting verlassen haben, hat das Team Zeit einen Blick in den Rückspiegel zu werfen. Gemeinsam und in Ruhe wird ein Fazit des zurückliegenden Sprints gezogen, um sich für den kommenden Sprint zu verbessern. Es geht darum, zu reflektieren, wie das Team miteinander arbeitet und wo noch Potential für Verbesserungen ist. Das Potential kann beispielsweise im Bereich der Kommunikation liegen oder darin, die Aufgaben noch mehr nach den Stärken der einzelnen Team Mitglieder zu verteilen. Ein gutes Format für eine „Scrum Retrospektive“, kurz „Retro“ kann wie folgt aussehen:

  • Was war gut?
  • Was war schlecht?
  • Welche neuen Ideen haben wir für den nächsten Sprint?
  • Was führen wir im nächsten Sprint nicht weiter?

Wichtig ist, die Antworten auf die Fragen zu dokumentieren und klare Handlungen für den neuen Sprint zu definieren. Kein Meeting in Scrum sollte zu einer netten Quasselrunde verkommen, sondern immer mit klaren Handlungen und Abstimmungen bzw. Vereinbarungen beendet werden.

Alles wieder von vorne.

Nachdem die Retrospektive durchgeführt wurde, steht wieder das nächste Sprint Planning an. Es gibt in Scrum keinen zeitlichen Abriss. Ist der eine Sprint beendet, wird direkt der nächste geplant. Immer an festen Tagen, immer mit dem gleichen Zeit Fenster. Vorteil? Die Termine können im Kalender weit im Voraus geblockt werden und eine Art Routine entsteht. Wir werden schneller und besser.

Sie fragen sich, wann Sie welches Meeting machen sollten?
Hier gibt es kein richtig oder falsch. Es kommt auf die länge Ihres Sprints an und damit auf die Länge Ihrer Meetings. Auch hat es etwas mit Ihrer Wochenstruktur zu tun. Im eCommerce zum Beispiel ist das Auftragsaufkommen nach dem Wochenende sehr hoch. Hier würde man vermutlich nicht den Montag wählen, um ein festes Scrum Meeting zu verankern.

Dennoch: Hier ein Beispiel für einen festen Planungsverlauf:
Sie starten mit einer Sprintlänge von einer Woche, denn so lernen Sie sehr schnell dazu und lernen Scrum kennen.

  • Freitags mittags um 12 Uhr ist das Review (Max. 1 Stunde)
  • Freitags mittags um 13.30 Uhr ist die Retrospektive (Max. 45 Minuten)
  • Montag morgens um 08.00 Uhr starten Sie direkt in das Sprint Planning (Max. 2 Stunden)
  • Jeder Tag wird mit dem Daily begonnen (Max. 15 Minuten)

So KANN eine Woche mit den Scrum Ereignissen aussehen. Ich empfehle, es auszuprobieren und auf jeden Fall mindestens sechs Durchläufe zu machen. Nach dieser Zeit hat sich bereits eine Art kleine Routine eingestellt, wir haben viel gelernt und wir erkennen, wie viele andere Meetings überflüssig werden. Wir merken, welche Effizienz es hervorruft, wenn ein Team nach dem Sprint Planning ohne Störungen des Chefs, vom Kunden etc., an dem Teilergebnis arbeiten kann. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht und kann es persönlich nur empfehlen: Einfach mal ausprobieren, könnte gut werden!

Wie geht es weiter?

Für heute verabschiede ich mich und lade Sie herzlich zu einer kostenlosen Vertiefung der Scrum Ereignisse ein. Erfahren Sie, wie sich die hier beschriebenen Meetings auf Ihre Unternehmenskommunikation und Informationsweitergabe auswirken. Sie sind herzlich eingeladen!

Kostenloses Zoom Meeting am Dienstag, 08.09.2020, 17.00 bis 18.00 Uhr.

Hier geht es zur Anmeldung:
https://www.kathrin-wortmann.de/veranstaltung/scrum-im-schnelldurchlauf/

Liebe Grüße,
Kathrin Wortmann

Über die Autorin

Ich bin Kathrin Wortmann und ich liebe Unternehmertum. Aber ich weiß auch, wie es ist, wenn man im Tagegeschäft ertrinkt. Ich bin vor ein paar Jahren selbst, zur Gejagten meines eigenen Unternehmens geworden. An strategisches Arbeiten und Privatleben war nicht mehr zu denken. An dem Punkt habe ich einen Plan gefasst: In einem Jahr läuft das Tagesgeschäft komplett ohne mich. Dazu habe ich mein Unternehmen klar ausgerichtet. Mit der richtigen Strategie, einfachen Prozessen und modernen Methoden.

Mit diesem Wissen und Erfahrungen unterstütze ich Heute, andere Unternehmer*innen bei Ihren Herausforderungen. Denn eins weiß ich:

  1. Durch die richtige Strategie laufen endlich alle in eine Richtung
  2. Durch einfache Prozesse wird Power freigesetzt und viele helfen mit
  3. Durch moderne Methoden steigt die Selbstverantwortung im Team

Meine Erfahrungen und mein Vorgehen habe ich komprimiert. Klare Unternehmensausrichtung auf den Punkt, für Führungskräfte mit wenig Zeit.
Am Ende steht eine klare Unternehmensausrichtung die nicht nur zu Wertschöpfung und Produktivität führt, sondern ebenso zu Entlastung und Freiraum.